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proc
BeitragVerfasst am: Fr, 27 Nov 2015 - 19:11  Antworten mit Zitat
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Anmeldungsdatum: 08.12.2009
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Hannes hat folgendes geschrieben:
Die Behauptung, die interessanten Dinge fänden sich weit unten, halte ich allerdings ebenfalls für sehr gewagt. Was, proc, möchtest du von dort denn empfehlen? Ich hoffe, du sagst jetzt nicht Synesthesia Factory (bewiesenermaßen das schlechteste Spiel aller Zeiten) ;)

Hab die meisten nur für einen Erst-, bisweilen auch Zweit- und Dritteindruck angespielt, um da ein paar ifwizz-Beschreibungen zu haben. "5 Minutes to Burn Something!" war z.B. eines meiner ersten Lieblinge, da stimmt fast alles außer die Implementierung: Superschwarzhumorige Story, klasse Rätsel, eine fast sarkastisch-romantische Rückerinnerungsschiene in allen destruktiven Tätigkeiten, nur halt unspielbar. Da gibt's noch mehr, die will ich mir in den nächsten Wochen aber erst noch ganz ansehen. Der Zeiger des Gesamteindrucks für die Comp steht derweil weiterhin auf "mäßig", übrigens insbesondere in den Parserspielen. [Wo ich auch noch nicht alle durchhabe, aber doch die Hälfte.]

Einigen der von mir als schlecht empfunden Spiele, prominent weil erschreckend hoch bewertet z.B. Labrandes "Life On Mars?", tendieren zu einer spielegenetisch interessanten Anlage, die aber in der konkreten Ausführung für meinen Geschmack völlig vermurkst wurde. Um bei diesem Beispiel zu verweilen: Ein Spiel über eine Art Persönlichkeitszerfall in der Abgeschiedenheit einer fernen Raumstation verspricht erstmal eine packende psychologische Studie, die dann in Textwüsten und spielwidrigen Strategien verwässert. Ein Durchspiel geht darin auch ohne überhaupt etwas gelesen zu haben, und ich denke, gerade das wurde in der IF-Comp positiv bewertet (was ja auch z.B. Final Exam ansatzweise vermittelt, da sind von der Anlage her nur marginale Aktivitäten notwendig). Ich hoffe, dieser Eindruck lässt sich durch die üppig vielen anderen Spiele noch wegwischen.
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Bilbo
BeitragVerfasst am: Sa, 28 Nov 2015 - 0:52  Antworten mit Zitat
Neuling
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Anmeldungsdatum: 05.09.2002
Beiträge: 15
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Interessant, wie unterschiedlich man die Spiele so wahrnimmt. Mal ein paar konkrete Eindrücke von mir zu einzelnen Spielen (Achtung Spoiler!):

Life on Mars: Ich fand es sehr reizvoll, wie man vor allem durch das Lesen der ganzen E-Mails erst so nach und nach verstand, was hier genau vor sich geht, und konnte mich gut in die Protagonistin hineinversetzen (gerade weil ich nicht nur alles überflogen habe). Sicher, die Anzahl der Mails war vielleicht etwas zuviel des Guten und bot reichlich wenig Interaktion. Ich muss solche Spiele aber auch mit Browser-Games vergleichen, in denen man sich tatsächlich nur durchklickt, und finde nicht, dass das Mail-Abarbeiten in diesem Vergleich schlechter abschneidet. Immerhin enthielten die Inhalte ja noch einiges an Handlung, und durch die Art des zeilenweisen Erscheinens auf dem Bildschirm wurde auch das Gefühl einer gewissen Dynamik erzeugt.
Was mich an dem Spiel etwas enttäuscht hat, war, dass es dann nach den E-Mails ziemlich schnell zu Ende war, als ich gerade dachte, es ginge jetzt erst richtig los. Möglicherweise war zu diesem Zeitpunkt aber die Zwei-Stunden-Frist für mich bereits um, so dass dieser Eindruck sich nicht mehr in meiner Bewertung widerspiegelt.

Midnight. Swordfight. Ich glaube, dies ist das Spiel, das mir am längsten im Gedächtnis bleiben wird. Ich habe es erst nach der Wertungsperiode mit aller Muße gespielt, es wäre aber vermutlich auch bei mir auf einem der oberen Plätze gelandet. Die Herangehensweise, nur eine einzige kurze Szene ins Zentrum des Spiels zu stellen, die man allerdings immer wieder spielen und deren Ausgang man durch eine Zeitreise in verschiedenster Weise beeinflussen kann, fand ich sehr originell. Das Setting und die detailreiche Implementierung haben mir ebenfalls gefallen. Eigentlich ist mir wichtig, in einem Spiel einen klaren Spannungsbogen vorzufinden; den gab es hier leider nicht, aber das Experiment konnte mich insgesamt trotzdem überzeugen.

Final Exam: Am Anfang findet man sich allein in einer großen Ausbildungsanstalt wieder. Mir schien das ganze auf ein Mystery-Setting hinauszulaufen, in dem man herausfinden muss, was eigentlich genau passiert ist (etwa im Sinne meines Lieblings-Textadventures Babel). An einem gewissen Punkt kippte das dann um und ein eher technisch anmutender Teil begann. Das ist wohl der Teil, den du, Hannes meinst, in dem man die Befehle vorgegeben bekommt. Allerdings war es ganz so einfach dann doch nicht; kurz vor Ende des Spiels gab es durchaus ein etwas komplexeres Rätsel zu lösen (wie bekommt man das zu kurze Kabel dahin, wo es hin soll?). Ein Rätsel, das ich einerseits leicht genug fand, um ohne Walkthrough selbst auf die Lösung zu kommen, aber andererseits schwer genug, um auf die gefundene Lösung stolz zu sein. Das passiert mir in IF-Spielen nicht so häufig, und hat vermutlich meinen Eindruck des Spiels zum Positiven beeinflusst.

Birdland: Zwar nur ein Browser-Klick-Spiel, aber ein gut geschriebenes. Die Traumszenen mit den Vögeln haben mich am Anfang eher genervt, da ich nicht verstand, was das sollte. Zum Glück blieb es aber nicht so, dass diese Szenen bis zum Ende einfach nur parallel zum eigentlichen Spiel nebenherliefen, sondern diese "zwei Welten" wurden nach und nach zusammengeführt und gipfelten in einem Finale, das ich so am Anfang überhaupt nicht erwartet hatte.
Die Romanze fand ich auch ganz interessant zu verfolgen. Am Anfang dachte ich mir noch "Na, jetzt fehlt ja nur noch, dass die sich küssen" und ermahnte mich dann selbst, nicht überall sexuelle Konnotationen zu sehen, wo eine reine Mädchenfreundschaft beschrieben wird. Naja, wie sich herausstellte, lag ich damit gar nicht falsch.

Nowhere Near Single: Den letzte Absatz, den ich gerade zu Birdland geschrieben habe, könnte ich hier in ähnlicher Weise wiederholen. Bemerkenswert, dass das schon das zweite Spiel in dieser Competition ist, in dem die Hauptdarstellering homoerotische Erlebnisse hat. Allerdings ging es diesmal doch deutlich schneller und deutlicher zur Sache. Nicht wirklich meine Welt, und auf Dauer fand ich es etwas langatmig und ermüdend. Aber die Geschichte war nachvollziehbar und ganz gut geschrieben.

Brain Guzzlers From Beyond: Dieses Spiel war für mich wie eine typische Hollywood-Teenie-Komödie: Technisch gut gemacht, inhaltlich mit einem eher seichten, sich selbst nicht zu ernst nehmenden Thema. Kein Spiel, das einen zum Nachdenken bringt und die eigene Weltsicht verändert - aber an Spielen, die das versuchen, mangelt es der Szene sowieso nicht, wie ich finde. Brain Guzzlers war einfach nur gute Unterhaltung mit einem angemessenen Schwierigkeitsgrad (auch wenn ich in der zweiten Hälfte mehrfach in die Lösung spicken musste). Hat mir gefallen!

5 Minutes to Burn Something!: Der Ansatz klingt vielversprechend, aber das Prädikat "unspielbar" trifft es ganz gut. Eigentlich mag ich solche Spiele, die sich auf wenige Räume beschränken. Wenn es aber etwas gibt, was ich überhaupt nicht leiden kann, dann ist das ein Zeit- oder Rundenlimit. (Ich schrieb ja schon, dass ich gerne allerhand sinnlose Interaktionen mit meiner Umgebung versuche, und dabei läuft die Zeit dann mitunter ab, ehe ich richtig angefangen habe, die Rätsel zu lösen. ;-) ) Dieses Spiel hat leider eines. Da die Rätsel nicht zu den einfachsten ihrer Art gehören, habe ich relativ bald nur angefangen, nur noch mit Lösung zu spielen. Es kam dann aber, noch bevor ich ein Feuer an hatte, eine Stelle, an der ich, obwohl ich den Brandmelder wie in der Lösung beschrieben, manipuliert hatte, von dessen Lärm ausgeknockt wurde. Da ich an diesem Punkt nicht vorbeikam, weiß ich nur aus der Komplettlösung grob, wie es weitergegangen wäre.

Map: Ein leeres Haus als Ort der Handlung, das zu leben scheint und immer neue Auswüchse erhält. Auch das hörte sich spannend an, fand ich in der Umsetzung aber enttäuschend. Überall stehen Schränke, Betten, Sofas - aber man findet keine geheimen Tagebücher unter dem Bett, keine Leiche im Schrank, keine Goldmünzen in der Sofaritze. Das Spiel besteht eigentlich nur daraus, dass man jeweils die neuen Auswüchse des Hauses aufsucht, dort ein Geschehnis aus der Vergangenheit noch einmal erlebt und dabei jeweils eine Entscheidung treffen muss, die gewissen Einfluss auf die weitere Handlung (soweit sie von der Protagonistin erzählt wird, denn selbst nimmt man kaum an dieser Handlung teil) hat. Das hätte man auch als Browser-Klick-Spiel gestalten können und dem Spieler wäre das viele Herumlaufen durch immer wieder die gleichen Räume erspart geblieben.
Ich habe auch nicht wirklich verstanden, was hier vor sich ging. Am Anfang ist die Protagonistin glücklich verheiratet und will mit ihrem Mann umziehen, aber später scheint sie plötzlich von ihrem Mann getrennt zu leben, ohne dass ich sehe, wie die Déjà-Vu-Erlebnisse dies erklären. Leider nicht mein Fall, dieses Spiel.
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proc
BeitragVerfasst am: Sa, 28 Nov 2015 - 2:29  Antworten mit Zitat
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Anmeldungsdatum: 08.12.2009
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Oops, gerade von der IF-Runde heimgekommen:

Life on Mars: Der Beginn ist beeindruckend und verheißt Hoffung auf ein fesches Spiel in eine pschologische Richtung. Die Emails gelesen, wird zudem eine sarkastische Richtung gegenüber dem Raumfahrtprogramm und dessen Strukturen deutlich. Was dann kommt, ist für mich pure Kacke, das rekurriert weder konsequent auf eine Pschologie der Eingeschlossenen noch auf Sarkasmus gegenüber den industriellen Gegebenheiten. Ich halte es für eine Bevormundung des Spielers.

Final Exam: Gut, man kann das Spiel toll finden, nur wenn Spieler eine Stunde lang als Idiot hindurchgeführt werden kann das dann schonmal in einem nun wirklich persönlich privaten Abbruch enden, ich habe das Spiel deshalb auch nicht bewertet.

5 Minutes to Burn Something! Ich habe mir in den letzten Jahren abgwöhnt, Lösungen zu konsultieren und bin daher beeindruckt, dass es dennoch funktioniert selbst wenn nichts mehr geht. Trotz seiner Makel und der spielerischen Unmöglichkeiten hatte es noch etwas hergegeben, was ich rein inhaltlich verorte.

Die anderen Spiele habe ich noch nicht durch, nur sehe ich soweit insgesamt den Wechsel zu einer Spieler/innen-Generation, die anders spielt als noch vor zehn Jahren. Es geht heute mehr um gefällige Spiele als um spielerische Herausforderungen was man einfach akzeptieren muss.
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Hannes
BeitragVerfasst am: Sa, 28 Nov 2015 - 10:21  Antworten mit Zitat
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Anmeldungsdatum: 25.03.2010
Beiträge: 660

Life on Mars: Über den Inhalt kann man sich sicher gepflegt subjektiv streiten. Auf dieser Ebene war es für mich auf jeden Fall kein Solaris oder Spuren auf dem Mond, sondern eher das selbst zitierte Moon (lächerlichst gehypter Film der letzten zehn Jahre – auf einem Niveau mit Schwarzeneggers „Klondrama“) oder Lautlos im Weltraum.

Für mich jedoch der Hauptpunkt ist einfach das Fehlen jeglicher Interaktion auf der erzählerischen Ebene. Bilbo, du sagst es ja selbst. Dass du es mit Klickspielen vergleichst, ist wahrscheinlich angemessen, denn mehr als „Taste drücken um weiterzulesen“ gab's ja letztlich im Hauptteil nicht. Das ist für mich einfach nicht akzeptabel! Wenn sich etwas „Interactive Fiction“ schimpft, hat es verdammt nochmal in einem Umfang interaktiv zu sein, der über das Umblättern von Buchseiten hinaus geht.

Dazu kam die mehr als ungelenke Erzähltechnik, mir die Gedanken und Gefühle der Protagonistin explizit aufzudrängen. Das ist halt Groschenromanstil („Als sie ihn sah, spürte sie eine unerklärliche Wärme in sich aufsteigen“).

Midnight. Swordfight.: Na ja, die „Zeitreise“ ist ja leider streng genommen überhaupt keine. Es ist einfach nur Nord-Süd-West-Ost mit Vorwärts-Rückwärts-Uhrzeigersinn-GegenUhrzeigersinn ersetzt. Und die Aktionsmöglichkeiten, die wirklich von Relevanz waren, waren komplett eindimensional. OK, ich werfe irgendetwas bei Schwert auf den Boden; also wird dieses Nomen dann auf mehr oder weniger witzige Weise in den Kampf eingebaut. Aha. Ich mag Poe, aber dieses Spiel ist halt völlig „Style Over Substance“. Die Idee fand ich in Absturzmomente viel konsequenter und interessanter umgesetzt (auch wenn das wiederum technische Probleme hatte).

Final Exam: Mystery? Herausfinden, was passiert ist? Na, es steht doch schon im Namen! Es ist ein Test. Gähn. Und, ok, ein Rätsel am Ende. Das ist aber nicht genug, wenn man, wie proc anmerkt, vorher eine Stunde lang öde Befehle aus vorgegebenen Listen abtippt.

Nowhere Near Single: Wie gesagt, nicht gespielt nach dem letztjährigen Venus-Meets-Venus-Desaster, aber deine Verwunderung darüber, mehrere gleichgeschlechtliche Romanzen zu finden, kann ich nicht nachvollziehen. Die US-Klickspielszene ist doch mittlerweile völlig überlaufen von Anna-Anthropy-Jüngern.

5 Minutes: In einem muss ich proc Recht geben: Was mich primär bei Mars gestört hat, ist hier konzeptuell gut. Dieses Spiel war eines der wenigen, die wirklich interaktiv erzählt haben. Man schaut Dinge an, manipuliert sie und bekommt dadurch mehr über die Protagonistin und ihre Vergangenheit enthüllt. Genau so muss es sein, dann braucht es auch keine endlosen Textdumps! Nur, ja, halt unspielbar auf Implementierungsebene.

Map: Klar, das hatte auch deutliche Schwächen. Auch hier ist der Vergleich mit einem Klickspiel gar nicht mal so verkehrt, denn letztlich waren die Entscheidungen doch immer binär und vor allem auch auf dem Silbertablett angekündigt und präsentiert (Jetzt die große, wichtige Entscheidung… TADA! Linker oder rechter Pfad?). Etwas plump. Aber das Konzept hatte schon etwas und vor allem waren die Auswirkungen der Entscheidungen anders als beim Swordfight eben nicht eindimensional, sondern beeinflussten sich gegenseitig.

Nicht zu vergessen galt hier grob das gleiche wie bei 5 Minutes: Immerhin auf interaktive Weise erzählt. Je mehr man interagiert, desto mehr erfährt man. Dass die Protagonistin anfangs glücklich verheiratet war, kann ich auf jeden Fall nicht so unterschreiben, nachdem ich die Wohnung anfangs sehr ausführlich durchkämmt habe ;)

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Von daher für mich zusammenfassend das Hauptkriterium: Ich möchte mir eine Geschichte in diesem Wettbewerb bitte erspielen! Ich lese auch gerne ein Buch, aber dann von guten Autoren. Auf dem Niveau ist niemand in der IF Comp – alles hat schreiberisch wohl eher so den Anspruch von US-Highschoolzeitschriften. Was ok sein kann, wenn das Hauptkriterium stimmt. Spielerische Herausforderung ist positiv, muss aber auch noch nicht einmal sein. Nur bitte interaktiv erzählen! Das kann doch nicht so schwer sein, es zumindest mal zu versuchen!
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proc
BeitragVerfasst am: So, 29 Nov 2015 - 6:51  Antworten mit Zitat
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Anmeldungsdatum: 08.12.2009
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Midnight. Swordfight.: So, jetzt kann ich noch meinen Senf draufschmieren. Das Spiel könnte gut sein, wenn es nicht so absurd wäre. Nicht dass ich etwas gegen einen endlosen Albtraum mit einem Narren als Spieler und einer Pasoliniartigen Masquerade drumherum hätte, zumal es von den Texten und der Implementierung her ganz gut gemacht wirkt, nur gleitet es für mich inhaltlich zu sehr in Beliebigkeiten ab um es wirklich mögen zu können. Das ausgefallene Spieledesign mit der umständlichen Bedienung und dem Transkriptionsverbot hat mich mehr genervt als fasziniert, ich habe viel zu lange gebraucht um überhaupt ins Spielprinzip hineinzufinden und selbst nach ersten augenscheinlichen Hinweisen lange keine Erfolge erzielt, weil man sich auf diese vielen, teilweise abstrusen Zusammenhänge keinen Reim manchen kann und allerhand schätzend ausprobieren muss. Ich denke nach Sichtung der angelsächsischen Reviews, das ist eines dieser modernen Parser-Spielbücher, wo der Walkthrough das Spiel bestimmt. Inhaltlich konnte ich eine detailreiche Implementierung nicht erkennen und könnte dazu theoretisch eine Latte von Beispielen bringen, wenn mir ein Transkript nicht verweigert worden wäre. Die meisten Details führen zu einer netten "Ist unwichtig"-Response und mangels Wissen, was der Autor nun wieder für bizarre Gedanken hat, muss jedes interessant erscheinende Substantiv meist ohne Erfolg durchprobiert werden, erschwerend kommt das extrem eingeschränkte Vokabular hinzu. Da bleibt nur recht wenig übrig, was funktioniert und kann dann aus Abstrusitätsgründen selten in die Handlung eingeordnet werden, ich empfand das inhaltlich eher als schlechten Stil. Hannes Vergleich mit Absturzmomente fand ich ziemlich treffend: dort wird ein ähnliches Spielprinzip erzählerisch kohärent verfolgt, was für sich schon die halbe Miete ist. Jetzt nicht falsch verstehen: Das Spiel strahlt eine Menge Sympathie aus und ist auf jeden Fall spielenswert.
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proc
BeitragVerfasst am: Mo, 30 Nov 2015 - 18:49  Antworten mit Zitat
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Anmeldungsdatum: 08.12.2009
Beiträge: 923
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Hier ein Offtopic, da lohnt kein eigener Thread.

Wenigstens die Ectocomp mit seinen 13 Beiträgen hab ich dieses Jahr rechtzeitig durchbekommen, die gleich drei Überraschungen bereithält: Sie besteht zu über 60% aus Parserspielen (alle Inform), neben den üblichen 3-Stündern gibt es dieses Jahr eine separate Abteilung für ambitioniertere Spiele (4 Stück, wobei da eines nicht reinpassen will) und eines davon hat sogar bessere IF Comp-Qualitäten. Hier mal ein persönliches Best-Of (alle Z-Code):

Nine Lives: Von Story, Schreibe und Feeling her ein klasse Beitrag, der es etwas besser implementiert locker ins obere IF Comp-Drittel geschafft hätte. Das ist kein Speedy mehr und steckt daher auch der ambitionierteren Abteilung, kann ich nur empfehlen.

The Oldest Hangover on Earth: Ein echter Marius Müller mit seinen sprudelnden Konzeptideen, dessen Rätsel erstklassig in die schräge Horror-Satire integriert sind - an einigen Stellen habe ich mich vor Lachen weggeschmissen. Mir hat das Spiel ausgesprochen gut gefallen, wenn man mal die comp-üblichen Unterimplementierungs-Umstände ignoriert. Interessant fand ich auch das hinsichtlich des Endes entsetzte intfiction.org-Forumspublikum, weil da amerikanische Befindlichkeiten unsensibel berührt worden sein sollen.
Spoiler:
Das Ende rekurriert auf...
[Letzte Spoiler-Warnung!]
Spoiler:
...einen Araber, der unwissend-naiv 9/11/2001 in NY herumstolpert. Das hat Pawlowsche Reflexe wie "left a sour note" oder "kinda tasteless" hervorgerufen, die ignorieren, dass nach 9/11 sämtliche Araber unter Generalverdacht fielen und über die neue "Heimatschutzbehörde" tage-, teilweise wochenlang ohne Anklage festgehalten wurden wie einst die Japaner nach Pearl Harbor oder Menschen mit falschem Parteibuch in den 50ern, allen voran Gewerkschafter. Heute lehnt der Großteil der US-Bundesstaaten die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen ab, weil sie unter Terror-Generalverdacht stehen. Was bitteschön soll nun am erzählerischen Experiment geschmacklos sein, einen unwissenden Araber mitten in die Ur-Katastrophe des 21. Jahrhunderts hineinzupieksen?

Gut, man könnte das erzählerisch feinsinniger bringen und stärker in der Gesamtgeschichte vorbereiten, grundsätzlich kann ich darin aber sehr viel mehr eine Groteske in supressiven Paranoia als eine Geschmacklosigkeit erkennen. Dass ich mich wegen antizipierter Reaktionen bis hin zum Ausschluss gar nicht traue, das in jenem Forum überhaupt zu bringen, unterstreicht diese Einschätzung.


Heezy Park: Typisches Andrew Schultz-Knobelspiel, wer gut implementiertes Buchstabengeknobel mit extrem eingeschränktem Vokabular mag, sollte es sich ansehen.

The Ghost Ship: Nettes Geisterschiff-Fluchtspiel mit einfachen Rätseln, die durch Unterimplementierung etwas kniffliger werden was aber durch gespenstische Atmosphäre wieder wettgemacht wird.

Der Rest, naja, entweder typische Schnellwurf-Speedies oder Textwüsten-Klickspiele für Leseratten, die waren für mich persönlich uninteressant (einige Highlights sollen dort noch enthalten sein, sagen andere). Ich hab sie alle durchgespielt und kann diesen Rest nicht wirklich empfehlen.
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